Fahrkarten, Bahnhöfe und Züge

Fahrkarten, Bahnhöfe und Züge 

Fahrkarten Bahnhöfe und Züge
Sich in einer Stadt niederlassen/
Eine schlechte Idee/
Ich glaube, dass sie mir nie kommen wird/
Man kann die Wege nicht einfach so verlassen/
Wenn du für Jahrhunderte in St ädte verliebt bist


Fahrkarten, Bahnhöfe und Züge. Genau so klangen meine Worte an dem Tag, als unsere Gastspiele begannen. Dieses unbedachte Gedicht habe ich mir in Konstantinowka ausgedacht, schenkte ihm damals aber keine besondere Aufmerksamkeit. Aber jetzt kann ich sehr sicher sagen, dass diese Strophen für mich sehr wichtig wurden. Weil jede Stadt, in der wir waren, mir etwas Wichtiges mitgab.

Was ist der Sinn der Liebe? Mit jemandem Anderen ungetrennt und eins zu werden. Hier geschah es zwischen einem Menschen und einer Stadt. Von mir blieben in diesen Städten mein Schatten auf den Fußgängerwegen und das Echo meines Lachens in den Gassen. Aber das ist nicht so wichtig, weil einige Gastspielvorstellungen in mir extreme Spuren hinterließen.

Nikolajewka. Hier habe ich sehen und fühlen gelernt. Ich hatte schon viel gesehen, aber etwas zu fühlen, war schon immer ein großes Problem. Es war schwer etwas aufzunehmen, es nicht zu zerreden, sondern es zu empfinden. Denn diese Gefühle kommen in den unerwartetsten Momenten. Du sitzt irgendwo und machts nichts. Und plötzlich “fließen” Empfindungen durch deinen Körper. Die spürst die Temperatur des Dialoges und reist Worte aus dem Kontext heraus. Ich erinnere mich an einen Dialog in der Gruppe, wo jemand Angst hatte etwas zu erzählen, weil jetzt der FSB kommen und ihn verhaften könnte. Aber es ging hier nicht um den FSB.

Lwiw. Sehrinteressante Zuschauer, sehr interessante Reaktionen und überhaupt eine sehr interessante Stadt. Am meisten erinnere ich mich das Finale unserer Vorstellung.
Ich mache gerade die letzten Schritte und setze mich auf den Boden. Pause. Applaus. Viele Menschen. Zu uns kommt eine Großmutter und will Egor Pralinen schenken. Sie sagt zu ihm, dass er damit “seine Mädchen”, also uns, versorgen soll. Danach sagt sie: Vielen Dank, dass Ihr keine Angst hattet zu uns zu fahren. Weill alle Angst haben. Ihr hattet aber keine Angst und seid gekommen.” Danach gibt sie jedem unserer Teilnehmer eine Ikone, lächelt uns an und verlässt den Saal.

Es hat ja nichts mit Angst zu tun, ob man ein Gebiet der Ukraine verlässt, um ein anderes zu besuchen.

Wien
Unserer Vorstellung im Volkstheater. Was kann es Großartigeres geben?
Wir waren damals sehr aufgeregt, weil mit Wien unsere Gastspieltour begann.
Die erste Ausreise. Zum ersten Mal einer Gruppe, die aus schon zwei Städten besteht. Zum ersten Mal in einem professionellen Theater. Stimulierende Aufregung: “Uch”.
Der Tag der ersten Vorstellung. Wir hören die Liebesgeschichte von Egor über Viktoria. Ich schaue in die erste Zuschauerreihe. Dort sah ich ein Ehepaar, von dem ich die Augen nicht lassen konnte. Sie haben mich bezaubert. Sie reagierten sehr warmherzig auf die Geschichte. Der Mann umarmte seine Frau, beugte seinen Kopf zu ihr und flüsterte ihr ab und zu etwas ins Ohr, wonach sie immer noch mehr lächelte. Ein sehr schönes Bild. Ich weiß gar nicht, wer hier wen beobachtete, aber ich konnte mich nicht von ihnen los reißen. Ich änderte meine Pose und ich verlor sie aus den Augen. 

Hier ging es aber nicht um die Geschichte von Egor.

Ich fühlte. Ich lachte. Ich weinte. Ich ärgerte mich. Ich lebte. War beleidigt. Verliebte mich. Ich habe das alles empfunden und mit mir genommen.

Städte sind Menschen. Aber Menschen sind Harddisks mit einem Speicher. Das ist aber unwichtig. Das wichtigste ist, dass es in Menschen eine große Anzahl von Geschichten gibt, die man in ihnen wecken kann, wenn man ihnen die Möglichkeit zu fühlen gibt. Jeder wird das auf verschiedene Art und Weise empfinden. Nicht alle verteilen ihre Erinnerungen auf ihre 64 GB. Manche sind auch glücklich mit ihren 500 MB. Das ist aber nicht wichtig. Das wichtigste ist eine Atmosphäre dafür zu schaffen. Eine Atmosphäre, die Möglichkeit und die Zeit. Ich bewundere Menschen, die anderen diese Möglichkeit geben. Wir sind hier als USB oder HDMI Kabel aufgetreten. Aber das ist nicht wichtig. Wir haben es in uns selbst erlebt, es durch uns durchgelassen und haben dabei noch mehr gegeben. Ich bin sehr Stolz darauf. Ich liebe Euch, MISTO TO GO.

Zhenya Strishkowa ( 11 Klasse, Schule Nr. 1 in Popasna) .

 
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